Projektrealisierung

Immer wieder scheitern Projekte. Nicht nur Softwareprojekte, sondern auch Bauprojekte sind hoch gefährdet. Sie erreichen das Ziel nicht oder nur mit erheblichen Kostenüberschreitungen. Woran liegt das? Als ehemaliger Projektleiter und Projektverantwortlicher konnte ich diesbezüglich viel Erfahrungen sammeln, musste aber auch einiges an Lehrgeld bezahlen. Hier mein Versuch, einige wichtige Prinzipien für eine erfolgreiche Realisierung eines Projektes anhand von diversen Perspektiven (Sichten) aufzuzeigen. Allerdings ist diese Sichtweise nur für grössere Projekte sinnvoll. Kleinere Projekte (z.B. ein Umzug) lassen sich auch mit dem IPERKA Modell umsetzen.

I = Informieren

P = Planen

E = Entscheiden

R = Realisieren

K = Kontrollieren

A = Auswerten

Projektsicht

Die Projektsicht ist eine erste Sicht auf die vorrangigsten Teile einer Projektrealisierung.

Elemente der Projektsicht

Produkt:             Das Produkt ist das Endresultat eines Projektes.

Realität:              All unsere Projekttätigkeiten sollten realitätsbezogen sein. Das heisst nicht, dass Kreativität und Phantasie eingeschränkt werden müssen. Im Gegenteil, Kreativität auf Basis der Realität kann zu hervorragenden Resultaten führen.

Auftraggeber:    Der Auftraggeber ist der Treiber für ein neues Produkt. Er muss nicht zwangsläufig ausserhalb des Unternehmens stehen, sondern kann diese Rolle auch innerhalb einer Firma wahrnehmen. Z.B. wäre dies ein Produktmanager, welcher ein neues Produkt fürs Sortiment benötigt.

Auftragnehmer: Der Auftragnehmer entwickelt (realisiert) das Produkt, basierend auf Anforderungen.

Anforderungen: Die Anforderungen beschreiben, was das Produkt erfüllen muss. Sie sind essentiell und bilden die Basis für die Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Speziell müssen auch nicht funktionale Anforderungen beschreiben werden. Z.B. Wartbarkeit, Leistungsfähigkeit, Ausbaubarkeit usw. Die Liste der Anforderungen bildet die Basis für eine erste Kostenschätzung. 

Realisierung:    Die Realisierung erfolgt durch den Auftragnehmer. Sie umfasst alle von ihm ausgeführten Tätigkeiten und Mittelbeschaffungen

Kosten:             Die durch die Realisierung verursachten Kosten.

Termine:           Die durch die Möglichkeiten des Auftragnehmers zu erwartenden Meilensteine. 

Qualitätssicht

Gerne geht die Qualitätssicht vergessen oder wird nur marginal umgesetzt.

Reviews:           Reviews sind formelle Treffen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Dabei wird ein Prüfling (z.B. das Anforderungspflichtenheft) besprochen und auf Vollständigkeit überprüft. Die Resultate werden schriftlich festgehalten.

Risikobeurteilung: Risiken werden permanent erfasst, bewertet und rapportiert.

Tests:                Bei einer agilen Entwicklung sind die Produktanwender aufgefordert, die Inkremente auf Anwendbarkeit und Funktionalität zu testen. Selbstverständlich sind auch Tests auf der Auftragsnehmerseite nötig.

Kosten- und Terminüberwachung:

                          Ein regelmässiges Reporting betreffend den aufgelaufenen Kosten und der Terminerfüllung ist Pflicht.

 

Prozesssicht (am Beispiel vom Prozessmodel Hermes)

Für viele Projektbeteiligte ist das die einzige Sicht, welche relevant ist. Eine einseitige, gefährliche Sichtweise.

Prozesssicht auf ein Projekt

Prozess:           Er legt für alle Beteiligten das Prozessvorgehen fest. Das gewählte Modell darf nicht Selbstzweck sein, sondern muss ein optimales Umsetzen der Anforderungen ermöglichen.

Rollensicht

Rollen in einem Projekt sind die Basis für eine optimale Zusammenarbeit und somit ein Garant für ein gelungenes Projekt.

Rollen der Projektmitarbeiter

Projektleiter:in       Der Projektleiter ist der Gesamtverantwortliche
für das Projekt. Von der Projektidee bis zur Abnahme begleitet er sämtliche
Arbeiten bzw. Aufträge. Zusammen mit dem Auftraggeber initialisiert er die
Realisierung. Im Speziellen ist er verantwortlich für das Personal, das
Zusammentragen aller Produktanforderungen, die Reviews mit dem Projektteam und das Risikomanagement. Er führt ein permanentes Monitoring über alle aufgelaufenen Projektkosten und Arbeitsfortschritte. Er rapportiert an den Auftraggeber.

Produktanwender:in    Sie werden nach Abschluss des Projektes mit dem Produkt arbeiten. Sie sind verantwortlich, dass sie die ihnen übertragenen Tests kritisch und sorgfältig durchführen.

Realisierungverantwortlicher:e  Er nimmt die Gesamtleitung der Realisierungsaufgaben war. Er trägt die Verantwortung über die Resourcen (Projektmitarbeitende, Termine, Kosten, Materialien, Risiken usw.). Er rapportiert regelmässig an die
Projektleitung.

Projektmitarbeiter:innen:in

                              Sie realisieren das Projekt und kontrollieren (testen) die Produktinkremente.

 

Ext. Unterstützung:   In vielen Fällen müssen die Projektmitarbeitenden aus diversen bestehenden Abteilungen und Organisationen «aufgeboten» werden. Dies könnte zu einem Resourcenproblem führen. Zudem fallen in vielen Projekten Arbeiten an, für die es in ihrer Organisation keine Fachleute gibt. Zögern Sie nicht, sich gezielt externe Hilfe zu holen.

 

Schwierigkeiten bei der Projektumsetzung

Wie Sie aus den einzelnen Sichten entnehmen können, ist die Rollensicht am heikelsten. Sie beschreibt den Einsatz von Mitarbeitenden im Projekt mit all ihren Stärken und Schwächen. Es gilt nun die Stärken zu nutzen und die Schwächen zu erkennen. Die typischen Schwächen von Mitarbeitenden und somit der Projektorganisation zeigen sich wie folgt:

    • Die Rollen sind nicht klar definiert.
    • Die Rollen sind definiert, werden aber durch Projektmitglieder nicht richtig wahrgenommen.
    • Rollen werden verwechselt. Typisch ist hier der Architekt, welcher plötzlich zum Bauherren wird.
    • In kleineren Projekten müssen die Projektmitglieder mehrere Rollen wahrnehmen. Das führt zu Schwierigkeiten, den «richtigen Hut» zum entsprechenden Thema anzuziehen.

Selbst wenn alle Rolle definiert und wahrgenommen werden, drohen weitere Schwierigkeiten:

 

    •       Die Projektmitarbeitenden sind zu wenig kritisch. Aufwände werden mangelhaft geschätzt, Problem nicht rapportiert usw.
    •       Die Projektmitarbeitenden haben zu wenig Zeit, da sie noch anderweitig beschäftig sind.
    •       Es wird nicht ehrlich kommuniziert. Die Einführung und Testphase werden marginalisiert, man will ja den Auftrag und später anfallende Kosten «gehen vergessen».

 

Schlussbemerkung

Projekte werden von Teams realisiert. Ein Projekt kann somit nur erfolgreich sein, wenn das Team funktioniert. Die Mitglieder benötigen somit nicht nur das entsprechende fachliche Wissen, sondern auch soziale Kompetenzen und ein aktives Engagement fürs Projekt. Teambildungsprozesse sind zwingend zu empfehlen, auch wenn es nur ab und zu ein Bier am Feierabend ist.